Was würdest du tun, wenn dich der Veranstalter des örtlichen Weihnachtsmarktes engagiert, damit du die Besucher mit deinen selbst geschriebenen Liedern aus der vorweihnachtlichen „Last Christmas“ und „All I want for Christmas is you“ - Endlosschleife erlöst, eine Besucherin sich dann aber lautstark bei dir darüber beschwert, dass du keine Weihnachtslieder spielst? Thilo Distelkamp muss lachen, als er diese Gesichte erzählt: „Ich war erst mal verwundert, hab dann aber einfach weiter mein Ding durchgezogen. Den anderen Leuten hat es gefallen, aber man kann es nicht allen recht machen.“
Wie bei den meisten seiner Konzerte, setzt er auch bei seinem Auftritt auf dem „Westwood Musikfestival“ in Wirges auf dunkle, unauffällige Kleidung. Die blonden Haare versteckt er unter einer schwarzen Kappe. Dazu trägt er eine schwarze adidas Jacke mit hochgekrempelten Ärmeln, die den Blick auf sein Tattoo am Unterarm - ein Tribut an seine Heimatstadt Neuwied - freigeben, eine dunkelblaue Jeanshose und abgetragene, anthrazitfarbene Vans.
Um sich vorzubereiten, steht er bereits einige Minuten vor seinem Auftritt auf der Bühne im Dorfgemeinschaftshaus. Mit geschlossenen Augen und gesenktem Kopf zupft er an den Seiten seiner Gitarre. Zwischendurch grüßt er Freunde und Bekannte, macht Witze, überprüft noch einmal das Mikro und wirft einen letzten Blick auf die spontan erstellte Playlist.
Währenddessen füllt sich der Zuschauerraum. Dicht gedrängt setzen sich Einige auf den Boden, Andere wählen die weißen Plastikstühle oder stellen sich in die hinteren Reihen.
Bereits nach wenigen Minuten sind alle Plätze belegt.
Als Thilo den ersten Song anstimmt, singen einige der Zuschauer mit, andere hören einfach zu. Die Meisten tragen ein Lächeln im Gesicht.
Seit einigen Jahren tritt Thilo mehrmals pro Woche auf Festivals, in Kneipen, Pubs und Cafés auf. „In den letzten Jahren müssen es rund 400 Konzerte gewesen sein“, sagt er. „Kleine oder große Bühne? – Beides hat seine Vor- und Nachteile. Wenn du auf einem Festival spielst, lernen dich viele Leute kennen, die dich so normal nicht anhören würden. Spielst du auf einer kleineren Bühne, zum Beispiel in einem Pub, dann kommen die Leute meist extra für dich. Einfach auf der Bühne zu stehen hat für mich einen besonderen Reiz.“
Nach dem Auftritt kommen einige Besucher, um sich mit Thilo zu unterhalten und sein zweites Album „Everything is Fine“ zu kaufen. Thilo nimmt sich für jeden Einzelnen Zeit, redet, scherzt und lacht.
Wie bei seinem Debut-Album „Pursuit of Happines“, hat der Musiker auch die Songs auf seinem zweiten Album selbst geschrieben: „Mich inspirieren besondere Situationen, die ich erlebe. Manchmal ist es aber auch einfach nur ein Wort oder ein Gefühl. Ab und zu möchte ich zum Beispiel einfach einen fröhlichen Song schreiben. Meine Musik entsteht meistens aus einer Laune heraus.“
Als der letzte Besucher Thilos handsignierte CD in seiner Tasche verstaut hat und gegangen ist, hat auch er Feierabend. Er trinkt den letzten Schluck Bier aus seinem Plastikbecher, packt seinen schwarzen Gitarrenkoffer unter den Arm und geht. Der Termin für den nächsten Auftritt steht bereits fest: „Die Musik ist mein Leben. Auf meinem ersten Rock Konzert war ich mit 12 Jahren. Meine Schwester hatte mich mitgenommen. Von diesem Zeitpunkt an saß ich jeden Abend vor dem PC, suchte meine Lieblingslieder per Winamp und EvilLyrics und war einfach glücklich.“