Die kleine Stadt am See - Unterwegs in Wanaka

Der Weg von Te Anau nach Wanaka führt vorbei an schneebedeckten Bergen, tiefblauen Seen und weitläufigen Wiesen. Auf halber Strecke kreuzt die Route die Gleise einer uralten Dampflok - dem Kingston Flyer. Für diese Strecke, die eigentlich rund drei Stunden dauern sollte, brauchen wir - zwei Zimmernachbarn aus dem Youth Hostel in Te Anau und ich - fünf.

Die Landschaften sind zu beeindruckend, um einfach daran vorbeizufahren. Was für ein Gefühl von Freiheit und was für ein Glück, dass meine Zimmernachbarn zur selben Zeit nach Wanaka fahren möchten wie ich, denn so kann ich die Fahrt mit dem Reisebus umgehen und werde sogar bis zur Eingangstür meiner neuen Unterkunft - dem Wanaka Bakpaka - gebracht.

Das ist für mich und mein mittlerweile rund 30 Kilogramm schweres Gepäck - das natürlich nur durch die Uni Reader, die ich nicht zurücklassen wollte, so schwer geworden ist ;) - eine echte Erleichterung. Nachdem ich meine Habseligkeiten im Hostel verstaut habe, gehe ich zum Ufer des Sees, setze mich im Schatten einer Trauerweide auf den Kieselstrand und genieße die Aussicht auf den viertgrößten Binnensee Neuseelands.

Auf dem Weg zum Mount Aspiring Nationalpark

Wanaka ist eine kleine Stadt mit rund 7000 Einwohnern im Südwesten der Südinsel. Hier kann man nicht nur Fallschirmspringen, Kayak fahren, Schwimmen oder Klettern, sondern auch Ski fahren oder wandern.

Denn Wanaka bildet das Tor zum Mt Aspiring Nationalpark.

 

Neben dem namensgebenden Mt Aspiring, umfasst der Park vier weitere Berge über 2500 m und mehrere Gletscher. Es gibt Wege für Tagestracks, aber auch für mehrtägige Wanderungen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Der Ausgangspunkt für Wanderungen in den Nationalpark liegt ca. 50 Kilometer von Wanaka entfernt und führt über Schotterpisten und durch Flussbetten (ein geländetaugliches Auto ist von Vorteil).

 

Beim i-SITE erkundige ich mich über Shuttles, die Wanderer von Wanaka zum Nationalpark bringen. Doch die "Reise und Aktivitätenvermittlerin" hat leider schlechte Neuigkeiten für mich: Die "Wanderer-Shuttles" fahren nicht außerhalb der Saison. Wenn ich allerdings bereit bin, 120 NZD zu bezahlen, könnte sie eine extra Fahrt für mich organisieren.

 

Oh man ... Ich hatte mir fest in den Kopf vorgenommen, im Mt Aspiring Nationalpark wandern zu gehen, aber bin nicht bereit so viel Geld für eine zweistündige Autofahrt zu bezahlen. Enttäuscht gehe ich zurück zum Hostel und hoffe darauf, dass vielleicht eine meiner Zimmernachbarinnen zum Nationalpark fahren möchte und mich mitnehmen kann. Doch meine beiden Mitbewohnerinnen: Eine neuseeländische Buchautorin auf Lesereise und eine Amerikanerin, die sich mehr für ihre nackten Füße als für mich interessiert, wollen beide am nächsten Tag schon wieder abreisen.

Wanderung zum "Waterfall Creek"

Der nächste Tag: ein neuer Morgen, eine neue Chance. Ich nutze das Frühstück, um mir die anderen Gäste genauer anzusehen - vielleicht ist ja jemand dabei, der ähnliche Pläne hat. Aber die anderen Reisenden sehen nicht sehr kontaktfreudig aus. Also hinterlasse ich eine Nachricht am Schwarzen Brett, schöpfe ein wenig neue Hoffnung und mache mich auf den Weg zum "Waterfall Creek".

Bei strahlendem Sonnenschein komme ich am wahrscheinlich meistfotografierten Baum Neuseelands vorbei. Der "Wanakatree" hat bei Instagram sogar einen eigenen Hashtag #ThatWanakaTree und ist bereits bei jeder Jahres- und Tageszeit dokumentiert worden. Auch ich kann nicht vorbei gehen, ohne ein Foto zu schießen.

Je weiter ich mich von Wanaka entferne, desto weiter lasse ich auch den touristischen Trubel hinter mir. An menschenleeren Buchten halte ich meine Füße in das eiskalte Wasser, genieße die wärmenden Sonnenstrahlen der Frühlingssonne ...

... und die tolle Aussicht.

Als ich Abends zum Hostel zurückkomme, genügt ein Blick auf die Pinnwand, um zu erkennen, dass niemand auf meine Nachricht geantwortet hat. Dafür treffe ich meine neue Zimmernachbarin Louisa, die auch im Mt Aspiring National Park wandern möchte. Zu zweit haben wir bestimmt bessere Chancen, um dort hinzugelangen. Gut gelaunt packe ich das Abendessen in meinen Rucksack und setze mich ans Seeufer. Dort treffe ich drei Frauen, die ich in Te Anau kennengelernt habe. Wir plaudern kurz und die Drei erzählen mir, dass sie am nächsten Tag zum Mt Aspiring National Park fahren möchten. Zwei Plätze sind noch frei! :)

So gelangen Louisa und ich doch noch zum Mt Aspiring Nationalpark und können unsere Wanderung auf dem Rob Roy Valley Track starten.


Es geht vorbei an Wasserfällen, Schneefeldern, Flüssen und subtropischen Wäldern.

Am Ziel wartet ein spektakulärer Blick auf die Gletscher des Mount Rob Roy.

Ski fahren in Wanaka


Die Gebirge rund um Wanaka eignen sich nicht nur zum Wandern, sondern auch zum Ski fahren. Zwei Skigebiete sind von hier mit dem Auto einfach zu erreichen: Treble Cone und Cadrona. Im europäischen Sommer (Juni bis Oktober) trainieren Olympiasieger und Weltmeister an den steilen Hängen, um fit zu bleiben. Wer nicht mit dem Auto unterwegs ist, kann den (teuren) Bus nehmen oder sich von anderen Fahrern mitnehmen lassen.


Dementsprechend ist die Straße zum Cadrona Skigebiet mit bunt gekleideten Snowboardern und Skifahrern gesäumt, die offenbar alle auf eine günstige Mitfahrgelegenheit hoffen. Ihre sperrige Ausrüstung haben sich die meisten auf den Rücken geschnallt, um nicht den Eindruck zu erwecken, sie würden ihren potenziellen Fahrern viel Platz wegnehmen. Die Fahrt zum Skigebiet ist aufregend. Am Berg gibt es keine Leitblanken, die Straße ist sehr schmal und ich will nicht darüber nachdenken, was passiert, wenn uns ein anderes Fahrzeug entgegen kommt.

Doch oben angekommen bietet sich eine beeindruckende Aussicht über Wanaka, den See und die umliegenden Berge. Grund zur Sorge bekomme ich erst wieder am nächsten Tag ...

Ich stehe am Rand eines ziemlich steilen Abhangs, Schneeflocken fallen vom Himmel und die Sichtweite beträgt weniger als zehn Meter (kurze Anmerkung: Ich bin am Tag zuvor zum ersten Mal in meinem Leben Ski gefahren). Meine Gedanken kreisen darum, wie ich diesen Berg herunterkomme, ohne mich ernsthaft zu verletzen. Meine Ski-Lehrerin ist bereits losgefahren und wartet - wahrscheinlich irgendwo im Nebel. Auch die andere Kursteilnehmerin zögert und sieht mich ängstlich an. Ich überlege gerade, ob ich den Berg auch ohne Skier bewältigen kann, als zwei (vermutlich rund sieben Jahre alte) Kinder in atemberaubendem Tempo an mir vorbeirasen. Das gibt mir die notwendige Motivation, um selbst loszufahren. ;)


Quellen: Alle faktischen Informationen stammen aus folgenden Reiseführern:

DuMont Reiseverlag: Reise-Handbuch Neuseeland.1. Auflage 2011,

Lonely Planet: New Zealand 2010